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Künstler: Neurosis

Album: Given to the rising

Erscheinungsjahr: 2007

Anspieltipp: To the wind

Autor: Markus

Bei keiner anderen Band auf diesem Planeten mit Ausnahme von Tool vielleicht fällt mir das Verfassen einer schlichten  Plattenkritik ähnlich schwer wie bei den Noisecore Urvätern von Neurosis, einer Formation, welche mir seit dem ersten Kontakt mit „Through silver in blood“ (Meisterwerk der US-Amerikaner aus dem Jahre 1996) ein ständiger Wegbegleiter geworden ist und meinen eigenen Musikgeschmack maßgeblich geprägt hat. Neurosis Musik verstehen, heißt selbige intuitiv auf sich wirken zu lassen, sie voll und ganz zu verinnerlichen, sie in sich zu tragen und nie wieder fei zu lassen. Neurosis sind viel mehr als eine Musikgruppe, sie sind Klangmagier, Soundtüftler, Visionäre und insbesondere Künstler. Neurosis Tonkunst lebt beinahe ausschließlich von ihrer Emotionalität. Aus diesem Grunde verbittet sich eigentlich jegliche Form von verbaler Beschreibung ihrer musikalischen Kreationen. Keine Rezension könnte jemals mit einfachen Worten beschildern, was dem geneigten Konsumenten während des Hörens ihrer Alben zuteil wird. Dennoch will ich heute versuchen, „Given to the rising“ den Lesern dieses Musikmagazins nahe zu legen, ganz einfach, weil es sich hierbei um ein herausragendes Tondokument handelt, dass jeder Freund düsterer Klänge zumindest einmal in seinem Leben gehört haben sollte.

„Given to the rising“ unterscheidet sich nicht unwesentlich von seinem vor nunmehr über drei Jahren veröffentlichten Vorgänger „The eye of every storm“, welcher dem geneigten Hörer ein in sich gekehrtes Bild der Band vermittelte. Neurosis warteten seinerzeit mit deutlich ruhigeren Soundkonstruktionen als in der Vergangenheit auf und verzichteten über weite Strecken auf die für die Band so typischen Noise-Attacken. Das neue Album offeriert hingegen wieder deutlich harschere Klänge. Tatsächlich kann der Dreher am ehesten mit den Attributen schwarz, dissonant und fordernd (geradezu erdrückend) umschrieben werden. Dennoch hat es der geneigte Zuhörer keineswegs mit einer musikalischen Kehrtwende nebst einer Rückkehr zu exzessiven Lärmorgien der Marke „Enemy of the sun“ oder „Through silver in blood“ zu tun. Scott Kelly, Steven von Till und ihre Mitstreiter glänzen heuer durch eine deutlich weniger hektische Vorgehensweise. „Given to the rising“ wirkt dabei zu keinem Zeitpunkt konstruiert oder kopflastig; sämtliche der insgesamt zehn Stücke kommen lebendig, dynamisch und instinktgeladen daher. Selbstredend sind etliche Hördurchläufe von Nöten, um die volle musikalische Größe dieses beinahe 71minütigen Outputs zu erfassen, dennoch nimmt diese Platte den geneigten Hörer bereits beim ersten Kontakt wie von Geisterhand gefangen. Die pechschwarze, beinahe nihilistische, lediglich mit einem blassen Hoffnungsschimmer garnierte Atmosphäre dieses Albums reißt so sehr mit, dass es ungemein schwer fällt sich selbiger zu entziehen.

Die einleitenden vier Stücke des neuesten Outputs aus der Schmiede der Kalifornier kommen als überlange, mit einer Spielzeit jenseits der sieben bzw. acht Minuten Grenze ausgestattete Songmonster daher, welche als Musterbeispiele für in Musik gekleidete Verzweiflung herhalten können. Es gibt massive Riffs, explosive Wutausbrüche, sowie todtraurige Melodien neben psychedelischen Einsprengseln zu bestaunen. Aus diesen Zutaten entwerfen Neurosis hochgradig intensive Hörerlebnisse, die bei aller gebotenen Komplexität direkt ins Innere des Konsumenten zielen und dieses ohne Umschweife auch erreichen. Mit dem düsteren Spoken Word Zwischenspiel „Shadow“ bietet die Band eine kurze Verschnaufpause, ehe man mit „Hidden face“ eine der unerbittlichsten Kompositionen des gesamten Albums auffährt. „Water is not enough“ wirkt während der ersten Hördurchläufe nicht gerade wie der Höhepunkt des Albums, entpuppt sich aber im Nachhinein ebenfalls als musikalisch hochwertiges Statement mit Tiefgang, welches niemanden kalt lassen sollte. Über alle Maße beeindruckend ist „Distill (watching the swarm)“ geraten. Hypnotischer und fesselnder als in diesem Track klangen Neurosis selten. Mit „Nine“ folgt ein weiteres düsteres Intermezzo, ehe die Formation im abschließenden „Orign“ noch einmal alle Register ihres Könnens zieht. Selbiger Song beinhaltet im Übrigen nicht nur die wohl schönsten Gesangslinien des gesamten Albums sondern überzeugt auch durch einen unfassbar arrangierten Spannungsaufbau.

Abschließend wage ich zu prophezeien, dass die neueste Langrille aus dem Hause Neurosis sowohl alteingesessenen Anhängern als auch neu hinzugekommenen Fans der Band die Freudentränen ins Gesicht schießen lassen wird und sich über kurz oder lang als weiteres Highlight im illustren Backkatalog der Ausnahmeformation etablieren kann. Wer hochemotionale und düstere Musik mag, muss „Given to the rising“ einfach lieben.

 

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